Es gibt diese Momente, in denen sich die Urlaubsplanung einfach nicht so umsetzen lässt, wie man es sich wünscht. So erging es mir im September, als ich ursprünglich zwei Wochen Urlaub eingeplant hatte – nur um die Ferien immer wieder aus verschiedenen Gründen verschieben zu müssen. Erst als der November schon begann, konnte ich endlich die Auszeit geniessen. Doch statt milder Herbsttage mit goldenen Sonnenstrahlen hatte ich während meines ganze Urlaubs in der Heimat nur eines: Nebel, der den Alltag verhüllte.
Aber Glück im Unglück – der Süden rief! Während es in den nördlichen Regionen kühl und trübe war, zeigte sich das Tessin, die sonnigste Region der Schweiz, von seiner besten Seite. Und so entschloss ich mich, für einen spontanen Tages-Ausflug ins Verzascatal, um endlich die ersehnten sonnigen Stunden zu geniessen und gleichzeitig mit der Kamera auf Entdeckungstour zu gehen.
Die Fahrt über den Gotthardpass
Mein Abenteuer begann mit der Anfahrt zum Gotthardpass – eine Strecke, die nicht nur landschaftlich, sondern auch historisch viel zu bieten hat. Der Pass, der die Zentralschweiz mit dem Tessin verbindet, ist besonders im Herbst ein echter Genuss. Während die Nebelschwaden unten im Tal hängen, führt der Pass die Autofahrer in eine andere Welt: von grünen Hügeln in die kühlen Höhen, dann weiter hinab in das sonnige Tessin.
Die kurvige Strecke ließ mich immer wieder staunen – und natürlich immer wieder anhalten, um das ein oder andere Foto zu machen. Besonders beeindruckend ist die Aussicht in die Leventina, welche in der Sonne glitzerte, und die majestätischen Alpen, die sich von ihrer besten Seite zeigten.
Lavertezzo und das Verzascatal
Die Reise führte mich weiter via Bellinzona nach Lavertezzo im Verzascatal, einem der bekanntesten und malerischsten Orte der Region. Das Verzascatal, mit seinen kristallklaren Gewässern, die in smaragdgrünem Licht schimmern, ist ein Paradies für Fotografen. Die berühmte Brücke von Lavertezzo, auch „Ponte dei Salti“ genannt, ist wohl das bekannteste Wahrzeichen dieses Tals. Der schmale, alte Steindurchgang überspannt den Fluss Verzasca und bildet eine perfekte Kulisse für Fotografien, die fast aus einer anderen Zeit zu stammen scheinen.
An diesem sonnigen Mittag hatte ich Glück – der Himmel war wolkenlos und das Licht perfekt. Ich verbrachte einige Stunden damit, die Landschaft zu erkunden und verschiedene Perspektiven der Brücke und des Flusses festzuhalten. Die Farben des Herbstes, der noch immer in den Bäumen zu sehen war, verliehen der Szenerie eine besonders warme Stimmung.
Der Rückweg über den Lukmanierpass und das General Suworow Denkmal
Der Rückweg führte mich über den Lukmanierpass und den Oberalppass, zwei weitere Pässe, die die Schönheit der Schweizer Alpen aufzeigen. Der Lukmanierpass, der das Tessin mit Graubünden verbindet, bot mir erneut eine fantastische Aussicht auf die Gebirgsketten und die umliegenden Täler.
Auf dem Weg machte ich einen Zwischenstopp beim General Suworow Denkmal, das zu Ehren des russischen Generals Alexander Suworow errichtet wurde. Suworow führte seine Truppen im Jahr 1799 über die Alpen, und das Denkmal erinnert an diese historische Leistung. Es ist ein beeindruckender Ort, von dem aus man einen großartigen Blick in die Schöllenen und die umliegenden Berge hat.
Rückkehr in die Nebelsuppe
Doch so schön der Ausflug auch war, irgendwann kam der Moment, an dem ich wieder in die „Nebelwelt“ der Zentralschweiz eintauchen musste. Ab Amsteg nahm der Nebel wieder überhand, und während ich mich dem Rückweg näherte, verwandelte sich die Landschaft in eine trübe, fast mystische Szenerie. Ich fühlte mich, als würde ich langsam wieder in den grauen Alltag zurückgleiten, wo der Nebel die letzten Farben des Herbstes zu verschlingen schien.
Trotzdem war dieser Ausflug eine willkommene Flucht aus dem trüben Alltag. Ich hatte die Sonne genossen, tolle Fotos gemacht und die weite, unberührte Natur der Tessiner Alpen erlebt. Und auch wenn der Nebel zuhause mich begrüsste, so wusste ich doch, dass dieser Tagesausflug mir noch lange in Erinnerung bleiben würde – vor allem dank der einzigartigen Eindrücke und der Momente der Ruhe, die ich auf meiner Reise durch die Schweiz sammeln konnte.
Wer also in den trüben Herbstmonaten nach einem sonnigen Ort sucht, dem kann ich das Tessin nur wärmstens empfehlen. Das Verzascatal und die umliegenden Regionen bieten nicht nur landschaftliche Schönheit, sondern auch zahlreiche Möglichkeiten, dem Alltag zu entfliehen – egal, ob mit der Kamera, beim Wandern oder einfach nur, um die Seele baumeln zu lassen.